Von Wundern will berichtet werden, und so geht´s nach unglaublich vielen Aufgaben in den letzten Monaten nun weiter hier in meinem Blog. Umzug, Therapie, Lebensveränderungen. Alles geht in eine sehr gute Richtung und nun stand als nächster entscheidender Schritt die OP an. Dazu später mehr…
Vor Kurzem las ich etwas von einer lieben Freundin. Heike, so sehr sie unser Hamburg auch liebt, hat die Hektik der Großstadt wie ich gegen ein entspannteres Leben auf dem Land eingetauscht. Sie lebt in Büsum direkt am Meer. Es fühlt sich gut an, dieses Leben in kleinen Orten auf dem Land – zudem bei uns entspannten Nordlichtern, wo die Uhren anders ticken. Man kennt sich, man mag sich, man hat ein nettes Wort und meistens auch ein Lächeln übrig. Und nicht nur das: Manchmal bekommt man sogar mit dem fertig reparierten Auto auch noch die Limone persönlich vorbeigebracht, die man im kleinen Dorf-Supermarkt versehentlich liegen ließ. „Die Frau an der Kasse sagte, du hättest sie vergessen. Da hab ich ihr gesagt, ich fahr da sowieso gleich vorbei, Dann nehme ich die eben mit.“ Ja, das Leben kann so schön und freundlich sein. Das fehlt uns oft im Alltag. Virtuell wie persönlich. Büsum ist ja bekannt für seine Krabben, die ich sehr liebe. Und auf das Krabbenbrötchen folgt ein kurzer Schnack im Hafenimbiss, der auch meiner persönlichen „Krabbe“, wie ich meinen Brustkrebs nenne, ein kleines Lächeln abringt. Denn eines lerne ich mit ihr: Der Wert der Tage steigt. Und das Bewusstsein dafür, was eigentlich zählt.
Der Wert der Tage
Sich zu mögen ist einfach und so entspannt, zudem regt es den Austausch über so vieles an. Und Austausch führt ja oft zu guten neuen Erkenntnissen. Wozu nützt es, sich zu beschimpfen. Vor allem in der virtuellen Welt, wo sich alles tummelt, was irgendwie dagegen ist? Gegen was? Egal! Da werden festgefahrene Positionen mit verbalen Waffen verteidigt. Diskurs? Fehlanzeige. Lieber werden Fronten aufgebaut. Und Menschen entzweit.
Ich komme gerade aus dem Krankenhaus. Mein nächster Schritt stand an mit meiner Brust-OP. Die unter der Therapie bereits stark geschrumpfte Krabbe sollte nun entfernt und meine Brust mit einem Implantat versorgt werden. Der erste Implantat-Versuch scheiterte daran, dass mein Körper wohl nicht gewillt war, die neue Füllung zu akzeptieren. Der unweigerlich darauf folgende Schritt war die Amputation. Besser so, da der Fremdkörper nun so gar nicht zu mir gehören wollte. Gerade bin ich wieder zu Hause und alles heilt sehr gut. Mental ist das so völlig in Ordnung. Es ist weg, was Ärger macht, und das ist ein gutes Gefühl.
Nun ist viel Ruhe hier. Die Hunde freuen sich über die schöne Sofa-Zeit miteinander, und ich kann hier berichten, wie alles weitergeht in diesem Leben mit der Krabbe. Meine Gedanken finden sich dann oft bei der Limone. Wohl niemand würde von sich behaupten, sich gerne in einem Krankenhaus aufzuhalten geschweige denn wochenlang dort zu liegen. Und dennoch habe ich mich jederzeit wohl gefühlt. Woran das lag? An diesem unglaublich freundlichen und fürsorglichen Team.
In Zeiten, in denen wir per Social Media in Dauerschleife mit Angeboten konfrontiert werden, die uns in kurzer Zeit ohne viel Aufwand finanziell unermesslichem Reichtum bescheren und damit alles Glück der Welt, da denkt man nach in einem Krankenhaus.
Die Menschen hier verdienen wenig Geld, haben lange, manchmal nächtelang Dienst. Sie sind immer auf den Beinen, immer auf Abruf, und sie haben dabei ein bewundernswert freundliches jederzeit aufmunterndes Wesen. Oft werden sie nicht belohnt dafür.
Da gibt es diese Menschen, die nicht gewillt sind, auch nur fünf Minuten zu warten, wenn ihnen die Bettdecke verrutscht ist. Die nicht überlegen, dass vielleicht nebenan jemand ein viel dringendes Problem hat, um welches sich gerade geduldig und aufopfernd gekümmert wird. Ein kleines Danke wäre dann wohl eher angebracht als das unfreundlich geknurrte „Na, das hat aber gedauert!“ Komisches Miteinander, das sich gerade dort zeigt, wo Menschen etwas für uns tun. Etwas, das unser Leben leichter, schöner oder auch schmerzfreier macht. Im Krankenhaus, wo wir gepflegt werden. Im Restaurant, wo wir ein wundervolles Dinner freundlich serviert bekommen. Im Geschäft um die Ecke, wo die Verkäuferin ein Lächeln für uns hat und vielleicht noch einen keinen Tipp für ein leckeres Rezept. In der Waschstrasse, wo sich jemand bemüht, das Auto super sauber zu machen. Es gibt bestimmt noch zahlreiche Beispiele.
Vernünftig wie wir sind, kann nicht das Streben nach dem höchsten Gewinn, dem größten Einkommen, dem schnellsten Weg dorthin des Menschen allerhöchstes Ziel sein. Denn wird es das, wird uns sicher nicht mit unserem frisch reparierten Auto ganz freundlich und aufmerksam die vergessene Limone gebracht – mit einem Lächeln und der Freude daran, dass sich jemand anderes freut. Genau das macht uns aus als Menschen. Das freundliche Wort, das Lächeln, die kleine Geste. Einfach: Das Menschliche!
Danke Heike Dorn
Ich bedanke mich bei Heike Dorn für die Limonen-Inspiration und das passende Bild der Original-Limone aus Büsum!
Heikes O-Ton zum Artikel möchte ich Euch auch nicht vorenthalten:
Für viele sind Krabben echte Delikatessen, Patricias Krabbe ist alles andere. Für viele sind Limonen sauer und wenn der Himmel über uns Limonen regnet, haben wir gerade keine Glückssträhne.
Aber es kann auch alles ganz anders sein. Der Mann aus der Autowerkstatt kann uns eine vergessene Limone bringen, mit einem Lächeln und der Freude daran, dass sich jemand darüber freut. Wir sollten nie aufhören, unseren Blick unvoreingenommen auf die Dinge zu richten – in jeder Kommentarspalte, im Krankenhaus und in Büsum. Nur so lässt sich Glück filtern. Und teilen.